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22. Juli 2012

Am 26. und 27. April fand in den Landungsbruecken / Frankfurt das Finale der Caravan Lectures statt. In einer insg. ca. 75 minütigen Performance wurden die Ergebnisse der vorangegangen Forschungsexpeditionen in und um Frankfurt präsentiert. Hier sind ein paar Ausschnitte und schöne Momente:


19. Juli 2012:

Das Institut für Alltagsforschung hat mal frei - Live-Spiel-Simulation

Im Rahmen der Forschungsreihe IT IS NOT A TEST zu Simulationen und Fakes im Alltag führt das Institut für Alltagsforschung nächste Woche ein spannendes Experiment durch:

Auf dem Campingplatz Wien West II in Hütteldorf - dort steht zur Zeit die Forschungsstation des Instituts - simuliert das Institut ca. 3 Stunden lang sich selbst! Das Besondere daran: Innerhalb des narrativen Rahmens „Das Institut für Alltagsforschung hat mal frei“ kann der Alltag der AlltagsforscherInnen von einem Team von SpielerInnen (darunter hoffentlich auch: DU!) über Monitore und Anweisungen live gesteuert werden. Dahinter steckt die Idee, Computer-Spiele wie DIE SIMS, bei denen man einen Avatar durch den Pixel-Alltag steuert, von der Virtualität in die Realität zu überführen.

Rund um die Forschungsstation agieren die AlltagsforscherInnen als Avatare ihrer selbst und tun genau das, was die SpielerInnen ihnen sagen. Die SpielerInnen können die Alltagsforscher-SIMS beispielsweise eine Runde Badminton spielen lassen oder ihnen auftragen, den Grill anzuwerfen. Das Schöne ist: Alle 4 Alltagsforscher-Avatare können einzeln gesteuert werden und werden tatsächlich so ziemlich alles tun, was die SpielerInnen wollen.

Der Platz der SpielerInnen ist ein paar Meter von der Forschungsstation entfernt. Über Monitore können sie das Geschehen rund um die Forschungsstation verfolgen und die Alltagsforscher-Avatare einzeln über Handy steuern. Die SpielerInnen können sich an der Konsole abwechseln, so dass auch Zeit bleibt, das Spiel als ZuschauerIn zu verfolgen. Und natürlich kann die SpielerInnen niemand davon abhalten, die Alltagsforscher-SIMS anzuweisen, ihnen ein Grill-Würstel vorbeizubringen...

Datum: Mittwoch, 25. Juli, 18.00 bis 21.00
Campingplatz Wien West II in Hütteldorf (Bus 52a und 52 b) ab Bahnhof Hütteldorf / U4

Wer mitspielen möchte: Anmeldung per mail an office@alltagsforschung.org

Es gibt Getränke und - wenn die SpielerInnen wollen - auch etwas zu Essen.


 

19. Juli 2012

In den letzten Wochen hat das Institut im Rahmen der Forschungsreihe IT IS NOT A TEST weitere Recherchen zu Simulationen, Images und Fakes des Alltags durchgeführt. Diese Recherchen führten uns auch in die Kinderstadt minopolis. In dieser Miniatur-Stadt gibt es u.a. einen Billa (mit Scanner-Kassen und Schaumstoff-Semmeln), Polizei und Feuerwehr, Fernsehstudio und Baustelle, ein Bankund sogar ein AMS! Beinahe wie in der richtigen Stadt geht es in der Kinderstadt vor allem darum, zu arbeiten und Geld zu verdienen. Insofern ist minopolis eine Art urbanes Kapitalismus-Coaching für Kinder. Die Nachwuchs-Altagsforscherinnen, die minopolis für das Institut testeten, waren trotzdem hellauf begeistert und wollten die Stadt gar nicht mehr verlassen. Graffiti oder andere Zeichen urbaner Unordnung gibt es in der Kinderstadt übrigens und wie erwartet nicht.




Liveticker bei Starbucks:
Eine weitere Recherche führte das Institut zu Starbucks. Starbucks wurde in den Diskussionen des Instituts immer wieder als Paradbeispiel für ein Spektakel im Sinne Guy Debords genannt bzw. als Simulation eines Caféhauses. Die Antithese wurde aber auch vertreten: Vielleicht ist Starbucks das einzige originale Café-Haus im Jahr 2012. Der Liveticker sollte diese Diskussion voranbringen. Ob dies gelungen ist, ist schwer zu sagen, er kann jedenfalls HIER nachgelesen werden.


9. Juli 2012

Das Institut betritt Neuland: Versuch eines Mode-Shootings mit der neuen "Arbeitskleidung" des Instituts, designed by ALJA SLEMENSEK (www.aljaslemensek.com)


7. Juli 2012



ASPERN 100 ist vorbeit. Nun ist es Zeit für ein paar Reflexionen des zukünftigen Lebens:

Das Szenario des Versuchs war beinahe optimal gewählt: Mit dem Mikrohaus als zukünftige Versöhnung von Trailerpark, Blechkiste und Eigenheim ohne Eigenkapital war das Zentrum der Simulation so wenig visionär, dass es als realistische Zukunftsoption durchging. Rund um das Mikrohaus bot die Stadt-Attrappe aus Containern, Holz- und Stoffbehausungen beinahe alles, was eine Stadt braucht: Von der Litfasssäule bis zur Verwaltung, von der öffentlichen Uhr bis zu einer Fabrikations- und Produktionsstätte immaterieller Güter (die sog. Fabrik PUBLIK). Trotzdem unterschied sich diese Stadt-Simulation radikal von herkömmlichen Städten – nicht nur, dass die meisten ihrer männlichen Bewohner ohne oben rumliefen oder der zentrale Platz der Stadt von einer überdimensionalen öffentlichen Tafel dominiert wurde, sondern vor allem durch die Unmöglichkeit, in dieser Stadt Geld auszugeben.

Dieses Environment hatte natürlich Konsequenzen ASPERN 100: Die Versorgung des Alltags der Zukunft etwa war nur dank einer ausgeklügelten Lebensmittellogistik aufrechtzuerhalten, die durch die extremen Witterungsbedingungen (auch in diesem Punkt simulierte das Projekt erfolgreich die Zukunft des Klimawandels) noch zusätzlich erschwert wurde. Wichtiger als die pragmatische Herausforderung der Alltagslogistik war jedoch die Erfahrung, dass sich in der Abwesenheit klassischer ökonomischer Strukturen und in der räumlichen Trennung der Stadt-Attrappe von der übrigen Stadt eine neue Zeit- und Aufmerksamkeitsökonomie konstituiert. Und es ist diese neue Ökonomie, durch die sich der Alltag im Rahmen der Simulation am deutlichsten vom realen Alltag in der richtigen Stadt unterschied. Die Zeit der Simulation verging langsamer, wurde fokussierter verausgabt als die des gegenwärtigen Lebens. Wozu tauch die Umstellung der Zeitmessung von 24h-Zyklen auf eine lineare 0-100 Stunden-Struktur im Rahmen der Simulation und die relative Reizarmut des Simulations-Environments ihren Teil beitrugen – beide stifteten ein „Mehr an Zeit“.



Mit der Zeit- und Aufmerksamkeitsökonomie veränderte sich zwangsläufig auch die Art und Weise des Arbeitens. Plötzlich war es möglich, sich über Stunden hinweg ohne größere Ablenkungen einer bestimmten Tätigkeit zu widmen. Die bestimmendste Tätigkeit war dabei allerdings die Kommunikation mit der Außenwelt: Video-diaries, Blog-Postings, das Füttern gefräßiger angeblicher „Sozialer Medien“, die sich wieder einmal – in der Vereinzelung und Isolierung ihrer NutzerInnen vor den Bildschirmen der Laptops – als asoziale Medien zu erkennen gaben. Trotzdem bleibt als positive Erfahrung aus der Simulation, dass der Alltag der Zukunft durchaus Zeit ließ für eine „abschweifende“ Produktion, die sich nicht nur auf das vermeintlich Dringende und Notwendige beschränken musste.

Unter den teilweise extremen Bedingungen der Simulation nahm die direkte Konfrontation mit ganz konkreten und trotz ihrer Beiläufigkeit dringenden Problemen viel Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch: So musste die Sonne unter allen Umständen gemieden werden. Videos wollten gedreht, auf den Rechner geladen, geschnitten, ausgespielt, kleingerechnet, hochgeladen werden. Und Getränke waren strategisch geschickt auf die zwei beinahe kollabierenden Kühlschränke und das Eisfach zu verteilen. Auch wenn nicht alle diese Herausforderungen willkommen waren – unter den Bedingungen der Simulation (also unter den Bedingungen der skizzierten neuen Zeit- und Aufmerksamkeitsökonomie) war es möglich, in ihnen mehr zu sehen als nur lästige alltägliche Widrigkeiten.

In diesen Reflexionen erweist sich die 100-stündige Simulation des Alltags, wie sie vom Institut für Alltagsforschung mit ASPERN 100 durchgeführt wurde, als passendes Tool, um Zeit- und Aufmerksamkeitsökonomien experimentell sichtbar zu machen und neu zu gestalten. Und genau darauf wird es ankommen im Kampf um den Alltag der Zukunft, egal ob im Mikrohaus oder woanders.

Viva la Simulacion!

7. Juli 2012

Im 4. Eintrag der Videotagebuches stellt das Institut für Alltagsforschung einige Gadgets vor, die wir in der Zukunft unbedingt brauchen werden. In ihrer Bastel-Ästhetik sind sie auch eine Hommage an den Cargo-Kult, der kurz nach dem 2. Weltkrieg in Melanesien praktiziert wurde: Mit dem Nachbau von Flugzeugen aus Holz, dem Nachahmen von Signalleuchten durch Feuer oder die Errichtung von Funkstationen aus Bambus hofften die Anhänger des Kults, die Amerikaner zurückzuholen, die während des Krieges so viele großartige Dinge auf die Inseln gebracht hatten.

Ein Zitat zum Cargo-Kult: „Auf den Samoainseln haben die Einheimischen nicht begriffen, was es mit den Flugzeugen auf sich hat, die während des Krieges landeten und ihnen alle möglichen herrlichen Dinge brachten. Und jetzt huldigen sie einem Flugzeugkult. Sie legen künstliche Landebahnen an, neben denen sie Feuer entzünden, um die Signallichter nachzuahmen. Und in einer Holzhütte hockt so ein armer Eingeborener mit hölzernen Kopfhörern, aus denen Bambusstäbe ragen, die Antennen darstellen sollen, und dreht den Kopf hin und her. Auch Radartürme aus Holz haben sie und alles mögliche andere und hoffen, so die Flugzeuge anzulocken, die ihnen die schönen Dinge bringen. Sie machen alles richtig. Der Form nach einwandfrei. Alles sieht genau so aus wie damals. Aber es haut nicht hin. Nicht ein Flugzeug landet.“

In gewisser Weise hofft auch das Institut für Alltagsforschung, mit seinen Pappkarton-Dingen die Zukunft anzulocken. Eine weitere wichtige Inspirationsquelle für dieses Projekt war die Liste “Most anticipated future innovations” auf der social-media-Plattform www.listgeeks.com.

 

Im 5. und letzten Eintrag des Videotagebuchs endet die Mission so, wie sie angefangen hat, nur umgekehrt: Nach exakt 100 Stunden werden die Raumanzüge ausgezogen, die Haustür abgeschlossen, der Schlüssel wieder gut verpackt.

 

3. Juli 2012

Die Raumschiffattrappe der MARS500 Simulation war auch mit einem Fitnessmodul ausgestattet. So konnten sich die Marsflieger körperlich fithalten.
Auch das Team der ASPERN100-Mission absolviert jeden Tag ein Fitnessprogramm. Wie das am Montag aussah, zeigt der dritte Eintrag ins Videotagebuch der ASPERN100-Mission.

 

2. Juli 2012

Im Laufe der ASPERN100 Simulation führt das Institut eine Reihe von Experimenten und Recherchen durch. Eines dieser Scientific Protocols sah die Fortsetzung der rhythmusanalytischen Forschungen des Institus vor.

Das Konzept der Rhyhtmusanalyse geht auf den französischen Stadtforscher und Soziolgen Henri Lefebvre zurück, der sich von der Rhythmusanalyse erhoffte, eine umfassende Analyse des gesamten Alltgsleben über die Analyse seiner unzähligen natürlichen und künstlichen Rhythmen durchführen zu können. Zu diesen Rhythmen zählte Lefebvre den eigenen Herzschlag genauso wie den Wechsel von Tag und Nach, Ladenöffnungszeiten oder den Takt von Maschinen.

Während ASPERN100 kartierte das Institut den Lauf des Schattens, der den Alltag bei knapp 40° zwingt, ihm zu folgen und ihm seinen Rhyhtmus aufzwingt.




2. Juli 2012

Dier ersten zwei EInträge in das Video-Tagebuch das Instituts in der ASPERN100 Simulation. Der erste Eintrag zeigt die ersten Minuten der Mission, der zweite gibt einen Einblick in das Mikrohaus, in dem die Simulation durchgeführt.

 

 


1. Juli 2012




Vor 15 Stunden und 58 Minuten begann ASPERN100 – eine einhunderstündige Simulation des Alltags der Zukunft, die vom Institut für Alltagsforschung in einem der Mikrohäuser von aspern Seestadt durchgeführt wird.

Die ersten Stunden der Simulation verbrachte das Team des Instituts mit dem Unboxing des Schlüssels, dem bisher erfolgreichen Versuch dem Hitzetod zu entkommen und mit der Entwicklung von Dingen, die im Alltag der Zukunft mitmischen sollten. Geordnet nach Listen mit Überschriften wie “most anticipated future innovations” “Retrotrends 2025″ oder “in Zukunft bei Hofer” wurden Dinge gesammelt, die es noch nicht gibt aber recht dringend gebraucht werden, z.B. die “It’s time to say goodbye-app”, die einem sagt, wann es Zeit ist zu gehen, die nicht-stechende Gelse oder reißfeste Küchenrolle.

Der heutige Tag begann (auch das eine Inspiration von MARS500) mit einem ausgefeilten Fitnessprogramm. Für die kommenden Stunden sieht das Programm der Mission den Bau von Prototypen der “most anticipated future innovations” vor.