Donnerstag, 8. März 2012, 10:28:
Herzlich willkommen zum Liveticker des Instituts für Alltagsforschung von der Autobahn bzw. noch nicht von der Autobahn.
Wir haben die Anhängerkupplung montiert, das Essen verstaut, die zusätzlichen Außen-Spiegel installiert.
Zu unserem Gepäck: Wir haben
3 Kameras
2 Laptops
Speicherkarten
einen Stapel Fotokopien
1 Kiste Bier
5 Flaschen Wein
2 Packungen Snickers
Chips (oriental und sour cream)
Äpfel (Bio)
Käse, Butter, Wurst
Nudeln und Pesto
2 Schlafsäcke
1 Kopfkissen
Hustenbonbons und Schleimlöser in großer Menge
frische Unterhosen
1 Packung Balisto (Joghurt-Beeren-Mix)
einen Stapel Bücher (die meisten zum Thema Nazis und Autobahn)
Taschenlampen
10 l Trinkwasser
cds
Stifte und Papier
und jede Menge anderes Zeug dabei. |
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11:08h:
Wir sind unterwegs, aber noch in der Frankfurter Innenstadt. Mittlerweile passierten wir das Arbeitsamt an der Konstablerwache. Dort war Stau. Vor der Tür standen einige Raucher. Aber nicht sonderlich viele. |
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11:28h:
Auch vor der Frankfurter Börse ist nicht viel los. Leerer Vorplatz, keine Menschen. Flaggen der IHK.
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11:43:
Wir sind unter der Europabrücke angekommen - der Ort an dem am 23. September 1933 der erste Spatenstich zum Bau der Reichsautobahn inszeniert wurde. Die Strecke, die wir gerade zurückgelegt haben - vom Arbeitsamt über die Börse bis hierher unter die Europabrücke - war die, die auch von den ersten 700 Arbeitern an der Naziautobahn absolviert wurde - allerdings zu Fuß und ohne Wohnwagen. Und damit sind wir bei einer der großen Fragen dieser Expedition: Ist die Autobahn immer noch Nazikram oder wurde sie erfolgreich entnazifiziert? |
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12:57:
Auf der 1. Raststätte irgendwo an der Bergstraße passiert nichts Überraschendes: Ein Hund wird ausgeführt, jemand raucht neben seinem Mercedes-Jeep, Bauarbeiter mit orangenen Klamotten schlendern herum. Der Fahrer eines riesigen Wohnmobils schaut auf die Uhr, rückt seine Brille zurecht und lässt den Motor an. |
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13:24:
Jörg freundet sich mit den Bauarbeitern an. |
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14:22:
Wir fahren an einem braun-weißen Hinweisschild vorbei. Leider kann uns unser eigens für diese Expedition angeschaffter Reiseführer "Entdeckungsreise Autobahn" nicht erklären, um was es sich handelt - er beschreibt nur hessische Sehenswürdigkeiten. |
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14:24:
Was definitiv zum Alltag auf Autobahnen gehört: Sich abschnallen und zwischen den Vordersitzen nach hinten klettern, um an die Tasche im Kofferraum zu kommen; benutzte Tempos und anderen Müll in alle Ablagen und Fächer stopfen; andere Autofahrer beschimpfen. |
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14:58:
Was man auf Autobahnen noch gut tun kann: Leere Flaschen hinter sich werfen (nur bei unbesetzter Rückbank), Aufschriften auf LKWs lesen, nach überfahrenen Tieren Ausschau halten. |
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5:30:
Der erste Tunnel! |
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16:10:
Die Tankstelle Jagsttal Ost ist eher old school - holzgetäfelte Decke, Männer mit Bauch und Oberlippenbart, die Fleischkäse mit Kartoffelsalat oder Curry-Pommes essen. Wir nehmen Kuchen mit Kaffee für drei neunzig. |
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16:18:
Bauwerke, die man von der Autobahn aus regelmäßig sieht: Atennen-Masten, Jägerhochsitze, Hochspannungsleitungen, Fabrikhallen, Bauernhöfe, Windräder |
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16:30:
Vor uns ein Laster, der für Kunststoffzäune Werbung macht, links und rechts Wald und Felder - das Fahren auf der Autobahn bei Tempo 80-90 ist derart ereignisarm, dass es eigentlich unmöglich ist, darüber in einem Liveticker zu berichten. Die Tatsache, dass wir nirgends wirklich hinwollen, macht die Sache nicht besser, eher noch langweiliger. "Der Weg ist das Ziel" ist ohnehin einer der blöderen Sätze, aber auf Autobahnen entbehrt diese Aussage wirklich jeder Grundlage. |
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17:00:
Wir entwickeln eine tiefe Sympathie für die Lastwagen, die über viele Minuten und gefühlte Ewigkeiten vor uns her fahren und deren Rückseiten wir irgendwann in allen Details kennen. |
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18:29, Geiselwind:
Nach einem ersten Stau und einem Rückwärts-Einparkmanöver, über das sich der LKW-Fahrer direkt neben uns köstlich amüsiert hat, haben wir unseren ersten Übernachtungsplatz auf dem Autohof Geiselwind erreicht. Und wir haben sogar Strom: Photos Strom |
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18:37:
Auf dem Autohof Geiselwind gibt es alles: Tonis Metzgerei, Tonis Restaurant, Burger King, Spielkasino, einen Konvoi der Bundeswehr, tolle Kinderbilder von LKWs. |
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18:48:
Die Heizung im Wohnwagen läuft, jetzt gibt es (total Trucker-mäßig, wie wir finden) erst mal ein Bier. Dazu eine Geräuschkulisse aus LKW-Motoren und Rückwärtsfahr-Piepsen. Die Leuchtreklame der Shell-Tankstelle scheint durchs Fenster. Alles sehr romantisch. |
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